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Kantone rechnen mit einer Einreisewelle aus dem Balkan
Von David Vonplon. Aktualisiert um 14:51 Uhr

In zwei Wochen können Bürger aus Serbien, Mazedonien und Montenegro ohne Visum in die Schweiz einreisen. Kantone und Rechtspolitiker befürchten einen Ansturm Jobsuchender aus dem Balkan.
«Es werden noch mehr Leute kommen»: FDP-Nationalrat Philipp Müller warnt vor den Folgen der Visabefreiung für Bürger aus dem Balkan.

«Es werden noch mehr Leute kommen»: FDP-Nationalrat Philipp Müller warnt vor den Folgen der Visabefreiung für Bürger aus dem Balkan.

Die Schweiz hatte gar keine Wahl: Anfang Dezember erliess die EU-Kommission die Weisung, dass ab 19. Dezember die Visumspflicht für Serben, Montenegriner und Mazedonier falle. Bürger aus diese Ländern, die über einen biometrischen Pass verfügen, können sich ab dann bis zu 90 Tagen in der Schweiz aufhalten - ohne Meldung an die Ausländerbehörde. Als Schengen-Mitglied blieb gar nichts anderes übrig, als die Ausweitung des Schengen-Abkommens zu übernehmen.

Rechte Politiker befürchten nun einen unkontrollierten Ansturm auf die Migrationsämter. «Der Einwanderungsdruck aus dem Balkan ist weiterhin gross. Mit dem freien Zugang zur Schweiz werden noch mehr Leute aus der Region in die Schweiz kommen», prognostiziert FDP-Nationalrat Philipp Müller gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnetz.

Er geht davon aus, dass viele Menschen aus dem Balkan zwar legal in die Schweiz einreisen werden, aber über die erlaubte Frist hinaus im Land bleiben und hier schwarz arbeiten. Im Gastgewerbe, in der Baubranche und der Landwirtschaft sei Schwarzarbeit schon heute verbreitet. «Die neuen Einwanderer können dabei ihre Kontakte zur ohnehin schon grossen Zahl von Landsleuten in der Schweiz nutzen.»

Bund nicht beunruhigt

Beim Bundesamt für Migration (BfM) ist man trotzdem nicht besorgt. «Wir gehen nicht davon aus, dass eine vermehrte Reisetätigkeit aus den drei Ländern stattfinden wird», erklärt Jonas Montani, BfM-Kommuikationschef auf Anfrage. Auch er weist darauf hin, dass man zuerst die Entwicklung abwarten müsse.

Mehrere Gründe sprečhen aber laut Montani dagegen, dass die Schweiz überrannt werde: So seien zuletzt relativ wenige Gesuche für Schengen-Visa aus Serbien, Montenegro und Mazedonien eingegangen. «Wir gehen nicht davon aus, dass sich dies nun ändern wird», so Montani. Er weist auf Erfahrungen mit Kroatien hin; ein Land, das schon länger zum Schengen-Raum gehöre: «Auch da ist es nicht zu einer signifikant erhöhten Reisetätigkeit gekommen.»

Schliesslich vertraut der Bund auf seine rigorosen Ausreisekontrollen. «Wer sich nachweislich zu lange in der Schweiz aufhält, muss mit einem Einreiseverbot rechnen, das für den ganzen Schengen-Raum gilt.» Man gehe davon aus, dass sich dies herumsprechen wird.

Kantone rechnen mit mehr Einreisen

Nicht alle Kantone schenken der optimistischen Einschätzung des Departements Widmer-Schlumpf Glauben. «Wir rechnen mit einem unkontrollierten Ansturm aus diesen Ländern», sagte etwa Michael Schneider, Leiter der Fachstelle Migration im Kanton Glarus vor ein paar Wochen gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung». Auch er glaubt, dass sich nach der Aufhebung des Visumszwang mehr Leute in der Schweiz illegal niederlassen könnten. Von einem Zuwachs bei den Einreisen aus den Balkanstaaten gehen auch die Kantone Obwalden und Schwyz aus.

In St.Gallen erwartet man keinen Ansturm, der mit Problemen verbunden wäre. Die Visumsbefreiung gehe im Kanton etwa 20'000 Personen an, deren Familienangehörige dieses Jahr zum ersten Mal seit vielen Jahren visusmfrei einreisen können. «Selbstverständlcih werden viele Personen diese neue Möglichkeit nutzen», sagt Keller-Sutter gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnetz. Im Kanton Thurgau dagegen will man noch keine Prognose wagen. Im Kanton Schaffhausen rechnet die Ausländerbehörde nicht mit einem Ansturm.

Sicher ist: Visa für Schweiz-Reisen sind derzeit begehrt. Bei der Botschaft in Belgrad gehen täglich 30 neue Gesuche ein. Und in Skopje, der Hauptstadt Mazedoniens, erteilte die Schweizer Botschaft laut «Luzerner Zeitung» von Januar bis Oktober rund 4'700 Visa.